Vorgeschichte
In den vergangenen Monaten habe ich mich mal wieder mit einem "Trend" im Radsport, nämlich mit dem Thema "Heißwachs für die Kette", beschäftigt 🧐. Ich selbst bin immer an Neuerungen oder neuen Techniken interessiert. Vor allem dann, wenn ich für mich einen Nutzen erkenne.
Nach dem Kauf meines Aeroad im Oktober 2018 hatte ich zB die Umrüstung der Laufräder von Butyl-Schläuchen auf tubeless-Laufräder getestet. Und dabei viele Dinge ausprobiert, von verschiedenen Ventilen angefangen bis hin zum Reifen. Das Thema "Ventil" werde ich noch einmal aufgreifen.
Letztlich hat tubeless mit genau einem Laufrad nicht funktioniert. Ich weiß bis heute nicht, warum es nicht funktionierte. Dazu habe ich erkannt, dass ich mir im Falle einer Panne mit tubeless-Rädern nicht selbst helfen kann. Zu guter Letzt ist das Handling mit Dichtmilch eine Sauerei, das jährliche Säubern der Laufrädern von den Resten der verwendeten Dichtmilch ist so aufwändig, dass ich letztlich von tubeless auf TPU-Schläuche umgestiegen bin. Der Hauptgrund war die höhere Pannensicherheit von TPU, vergleichbar mit Tubeless, aber mit der Option, die Panne selbst beheben zu können. TPU-Schläuche sind zwar teurer als Schläuche aus Butyl, aber deutlich haltbarer.
Der "Trend" tubeless ist also nichts für mich.
Im November 2024 habe ich mir ein neues Canyon Ultimate gekauft. Mir war vor allem wichtig ein Rad zu bekommen, welches dem aktuellen Stand der Technik entspricht: 12fach Schaltung, Leistungsmesser an der Kurbel, die neuste Version einer elektronische Schaltung, und alle Komponenten bitte und natürlich auf Ultegra-Standard. Jaha, ich weiß, dass die Austattung mit 105er Komponenten auch gut ist 😎
wieder nur ein Trend, nützliches Upgrade oder gar ein Gamechanger?
Zudem bin ich fleißiger Podcast-Hörer. Einer meiner bevorzugten Radsport-Podcasts ist Radio RTW. Hier informieren und unterhalten der Radprofi Max Walscheid, sein Cousin Richard Weinzheimer und Tobias Knaup auf sehr ansprechende Weise. Zu vielen Insights aus dem Profilager werden u.a. auch Technikfragen erörtert, wie eben zB die Verwendung von Wachs statt Öl an der Kette.
Der Profi Max Walscheid berichtete, dass nahezu jeder Wordtour-Fahrer mit einer gewachsten Kette im Einsatz ist, schließlich spart die Verwendung von Wachs bis zu 10 Watt bei Tempo 40 km/h. Dazu kommt die längere Haltbarkeit der übrigen Komponenten, wie zum Beispiel Kassette und Kettenblatt.
Zeitgleich gab es in meiner Hauszeitschrift Roadbike einen längeren Artikel, der sich mit gewachsten Ketten und benötigte Equipment beschäftigte. Und natürlich die Vorteile von gewachsten Ketten pries.
Kurzum: ich beschloss, mein neues, oben erwähntes, Canyon Ultimate CF SL8 Di2 für den "Betrieb" mit gewachster Kette umzurüsten.
Dazu sind ein paar Vorbereitungen erforderlich.
Damit die gewachste Kette funktioniert muss der gesamte Antrieb von den verwendeten Fetten und Ölen "befreit" werden. Hierzu gehören die Kettenblätter, beide Umwerfer, Kassette und Schaltröllchen. Es ist wichtig, dass kein Öl am Antrieb vorhanden ist.
Ich hatte im vergangenen Jahr die Kette meines Ultimates aus dem Jahr 2014 mit Flüssigwachs geschmiert, aber die restlichen Komponenten unbearbeitet gelassen. Es hat nicht richtig funktioniert und ich fand, dass eine geölte Kette deutlich geschmeidiger ist, als meine mit Flüssigwachs behandelte Kette. Wie ich jetzt weiß, konnte dieses Vorgehen auch nicht funktionieren, ohne dass der gesamte Antrieb ölfrei gemacht wird.
Bei einem neuen Rad, wie meinem o.a. Canyon, welches bis dahin bewusst nicht benutzt wurde, ist die "Umrüstung" von Öl auf Wachs nicht allzu viel Arbeit. Ein Rad, welches bereits im Einsatz ist, bedeutet es ein wenig Aufwand.
Einrichten der Wachsküche
Ich habe alle Antriebskomponenten mit Kettenreiniger (Kassette) und Bremsenreiniger (Kettenblätter, Umwerfer und Schaltröllchen) ohne viel Aufwand gereinigt.
Nach einigen Recherchen bezüglich vorhandener Produkte habe ich mit letztlich für das Wachs von Optimize entschieden. Der Podcast wird eine kleine Rolle gespielt haben, das meiste Gewicht hatten Erfahrungen befreundeter Radfahrer mit den Produkten von Optimize.
Kettenwachs, welches zum Heißwachsen geeignet ist, gibt es natürlich auch von anderen Herstellern: Dynamic, Silca oder lu:bici. Von den aufgeführten Herstellern sind die Produkte sogar preiswerter als die Produkte von Optimize, aber irgendwie hat mich der Felix eingefangen. Keine Ahnung womit eigentlich. Ich glaube, der Radprofi Max Walscheid war es am Ende.
Nach der Bestellung war das oben abgebildete Starterpaket schnell bei mir. Nun hieß es, die
"Wachsküche" einrichten und loslegen. Natürlich war ich auf das Ergebnis meiner ersten heißgewachsten Kette sehr gespannt.
Der patentierte Wachskocher von Optimize bekam in meinem "Fahrradkeller" (meine Frau bringt mich um, wenn sie das liest) einen schönen Platz.


Das Wachs wurde in dem Kocher zügig flüssig und auf die richtige Temperatur von ca. 90 Grad gebracht. Naja, das dauert schon 60 Minuten. Die auf Draht gefädelten Ketten ins Wachsbad getaucht, die Heizleistung nach einiger Zeit reduziert und die Ultraschallfunktion aktiviert. Durch das Ultraschall soll eine möglichst gleichmäßige Verteilung des Wachs auf der Kette und in allen kleinen Zwischenräumen gewährleistet werden.
Das Thermometer wird benötigt, um den optimalen Zeitpunkt der Entnahme der Ketten aus dem Bad zu erwischen. Dieser liegt bei ungefähr 60 Grad Celsius. Das ist die Temperatur, bei der das Wachs eine dünne Schicht auf der Oberfläche bildet. Das ist der beste Zeitpunkt, die Kette aus dem Bad zu holen und zum Trocknen aufzuhängen.
Das Abkühlen des Wachses auf ca. 60 Grad Celsius dauert ebenfalls ca. 60 bis 75 Minuten.
Wenn die Kette aus dem Wachsbad entnommen wird, kann sie zum Trocknen aufgehängt werden. Die Trocknung sollte mindestens zwei Stunden dauern.
Im Anschluss daran kann die Kette "gebrochen" werden. Nach dem Trocknen ist die Kette sehr hart, das Wachs an den Kettenröllchen hält die Kette zunächst starr. Das Starre wird durch das "Brechen" der Kette entfernt.

Das Einfädeln der Kette in den Antrieb des Fahrrades ist für geübte Hände schnell erledigt. Das Schließen der Kette mit Kettenschloss ist auch keine Raketenwissenschaft, allerdings habe ich schnell gelernt, dass eine gute Kettenschlosszange Gold wert ist. Ich hätte nicht gedacht, dass eine solche Zange auch sehr leicht verbiegt. Ist passiert. Bei einer renommierten Marke!
Aktuell benutzte ich die Zange von Shimano, sie funktioniert bislang gut.
Das Foto zeigt meine Kette nach etwas mehr als 500 km. Die Kette ist sauber, sie läuft absolut leise und ruhig.
Ich bin begeistert!!!
Inzwischen habe ich mir auch ein Ultraschallbad zur gründlichen Reinigung der Ketten vor dem Wachsen zugelegt.
Ihr könnt natürlich auch gewachste Ketten im Ultegra-Standard oder 105er-Standard in meinem Shop kaufen.