Das Rad und seine Fahreigenschaften
Ich gebe es ja zu: ich wollte dieses Rad nicht einfach nur besitzen, ich habe es regelrecht begehrt. Von dem Moment an, wo ich es das erste Mal gesehen habe. So etwas nennt man Faszination auf den ersten Blick.
Allein die streng geometrische Form des Rades in Kombination mit dem teilweise schwarzem Sattelrohr sowie die Karbon-Laufräder von Reynolds mit den 62 mm hohen Flanken läßt das Herz eines jeden Rennradfahrers höher schlagen.
Bei einem Rennrad geht es geht nicht nur um das Aussehen, aber auch vordringlich um Dampf auf dem Asphalt, um Tempo, Dynamik, Geschwindigkeit, kurz um: all das, was das Rennradfahren (für mich) ausmacht.
Das Rennradfahren habe ich dann auch schnell gemacht. Die erste Fahrt war sehr angenehm (für ein neues Rad) und unvermutet gewohnt. Das lag vor allem an dem eigentlich gewohnten Kernstück des Rades: nämlich dem Rahmen. Die Geometrie des Aeroad-Rahmens ist doch sehr ähnlich mit der des Ultimate-Rahmens. Bestehende Unterschiede konnte ich mit Einstellungen der Sattelhöhe und -position nahezu ausgleichen. Daher fühlte ich mich auf dem Aeorad fast wie "zu Hause", d.h. das Aeroad fühlte sich gewohnt, und somit auch überraschend gut an. Vor allem merkte ich aber auch sehr schnell: "das Aeroad will nur Vollgas". Mit mir hat das Aeroad einen Radfahrer, der auch nichts anderes will. Passt also.
Die ersten Beschleunigungen zeigten, dass der Rahmen trotz des Kampfgewichtes von 7,2 kg sehr steif ist. Ein harter Antritt wird unmittelbar in Vortrieb umgesetzt. Da scheint kein bisschen Kraft verloren zu gehen.
Das Lenkverhalten des Renners erwies sich als überaus präzise und direkt. Aber dennoch lag das Rad ruhig auf der Strasse, es zeichnet sich durch eine erfreulich hohe Laufruhe aus. Freilich ist ständige Konzentration gefordert.
Das Cockpit ist sehr aufgeräumt und liegt bei mir super in der Hand. Das liegt vor allem daran, dass die Di2-Hebel ein wenig dünner sind, und ich ein besser zugreifen kann, wenn ich in der Oberlenkerhaltung fahre.
Der Lenker ist deshalb sehr übersichtlich, da es mit dem Vorbau aus einem Guss ist (Canyon H11 Aerocockpit CF). Meine Steuereinheit (Junktion-Box) der Shimano Ultegra Di2 wurde schön in einem "Fach" unter dem Lenker verbaut und verschwindet quasi samt Kabel. Andererseits ist es sehr sehr kniffelig die Box hervorzuholen, um beispielsweise den Akku zu laden.
Allerdings sind die Vorteile auch gleich die Nachteile des Cockpits: es kann weder im sog. Reach noch im Winkel verändert werden.
Das Fahren mit dem Aeroad ist angenehm und erstaunlicherweise fühlt es sich klein wenig komfortabler an, als die Fahrt mit meinem Ultimate. Die Federung am Heck ist nämlich wider Erwarten gut.
Die Bedienung der elektronischen Schaltung muss ich noch ein wenig "üben". Das nun nur noch ein Tastendruck (statt Bestätigen des gesamten Bremshebels) reicht, ist schon klasse. Die Schaltung funktioniert blitzschnell und sehr präzise. Die Trennung der Tasten ist gut gelöst und kann prima erfühlt werden.
Laufräder Reynolds Strike (tubeless ready)
Kommen wir zu den Bremsen und Laufrädern.
Am Aeroad sind Direct-Mount-Felgenbremsen verbaut. Die funktionieren ordentlich und bremsen das Rad, gerne auch schneller. Allerdings kann es beim Bremsen auch schon mal laut werden.
Die Laufräder von Reynolds haben bei mir wegen ihrer herausragenden Aero-Eigenschaften besondere Begehrlichkeiten geweckt. Die Räder sind ausgesprochen steif bei ihrem geringen Gewicht von 1600g des gesamten Laufradsatzes. Aber sie sind auch sehr "groß", sie besitzen wegen der tubeless-ready-Eigenschaft einen 5mm höheren Felgenhorn. Die Laufeigenschaften bei den ersten Fahrten waren top, allerdings kann ich bislang noch nicht in vollem Umfang die aerodynamischen Eigenschaften für mich bewerten. Dafür bin ich zu wenig mit dem Rad gefahren.
Insgesamt ziehe ich für mich als Fazit, dass das Rad sehr dynamisch, aggressiv und äußerst direkt ist. Es macht großen Spaß darauf zu fahren, vor allem schnell zu fahren.
Ob ich als Hobby-Sportler unbedingt eine elektronische Schaltung benötige, kann ich nicht unbedingt bejahen. Allerdings habe ich den Flitzer im sog. Canyon-Sparbuch 2018 erworben. Die Variante mit mechanischer Schaltung und Disk war leider nicht mehr verfügbar.