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Circuit Cycling 2017

Radrennen auf einer Motorsportstrecke? Klingt merkwürdig, gibt es aber trotzdem. Allerdings merkwürdig im Sinne von "würdig gemerkt zu werden". Genau dies habe ich getan. Je länger ich darüber nachdachte, desto stärker wurde der Wunsch es einmal auszuprobieren.

Welche Gründe sprechen für ein Radrennen auf einem kleinen Motorsportrundkurs? Es ist doch langweilig, im Kreis zu fahren. Stimmt. Aber es gibt einen besonderen Reiz: nämlich den der puren Dynamik. Nirgendwo kann ich konstant schneller mit dem Rad fahren als auf einer glatten und flachen Straße. Hier zählt der Speed und die Ausdauer, diese Geschwindigkeit über eine längere Zeit halten zu können.

Nach einem Blick in die Terminliste erfolgte die Anmeldung beim Circuit Cycling Hockenheim. 60 km bei Vollgas, immer knapp an der Sauerstoffgrenze. Praktisch ein langes Zeitfahrkriterium.

Die Anfahrt zum Hockenheimring war gut beschildert und ist daher einfach. Ich durfte mit meinem Auto bis in den Paddock, dem Fahrerlager, fahren. Wann erhält man dazu die Gelegenheit?

In Hockenheim ist alles sehr konzentriert an einem Ort gehalten. Das macht die Wege kurz und erleichtert die Übersicht. Und es war faszinierend, einmal durch die Boxengasse im laufenden Rennbetrieb (vor dem Radrennen fand ein Motorradrennen statt) gehen zu können. Natürlich überhaupt kein Vergleich zu dem, was bei einem Formel1-Rennen im Fernsehen zu sehen ist.

Nach dem Aufwärmen ging es in den Startblock. Zuerst wurden die Teilnehmer der 120-km-Distanz zum Start gebeten. Drei Minuten danach wurde der 60-km-Lauf gestartet. 

Unmittelbar nach dem Start ging es sofort zur Sache. Bereits in der ersten Rechtskurve (Nordkurve) wurden die Positionen verteidigt, Kampflinie gefahren und richtig Tempo gemacht. Die langezogene Parabolika wurde im "Peloton" mit über 50 Sachen durchfahren. Einzig vor der Spitzkehre wurde gebremst, der Rest des Kurses wurde mit Volldampf befahren.

Nach der ersten Runde stand ein 42er Schnitt auf meinem Garmin.

Bei der zweiten Runde gab es den ersten schweren Unfall kurz nach der Ziellinie. Mehrere Teilnehmer undd ihre Räder lagen verkeilt auf dem Boden. Bei der Vorbeifahrt hörte man die Biker schimpfen, natürlich auf andere.

Der Durchschnitt nach der zweiten Durchfahrt betrug 41 km/h. Zu Beginn der dritten Runde wurde mein Feld von der Spitzengruppe des 120-km-Feldes überholt.

 

Es war mehr ein Überrollen. Und es wurde eng, sehr eng auf der eigentlich breiten Fahrbahn.

Diese Gruppe von Semi-Profis oder angehenden Profis flog förmlich an uns vorbei, die Fahrer machten Dampf.

Diesen "Profi-Windschatten" wollte ich nicht einfach ziehen lassen. Leider hatte ich nur die Kraft, diesem Windschatten bis zur Südkurve zu folgen. Eben Profis oder solche, die vielleicht das Zeug dazu haben. Schließlich fuhr mir der Windschatten davon und ich wurde von meinem Feld wieder eingeholt.

Zwischendurch passierten immer wieder Unfälle, bei denen zwei bis drei Biker zu Boden gingen. Grund war oft Unkonzentriertheit der Teilnehmer, manchmal auch fehlende Erfahrung.

Während der sechsten Runde ereignete sich in der Parabolika ein so schwerer Unfall, daß das Rennen abgebrochen wurde. Die Strecke wurde vom Streckenwart des Hockenheimrings gesperrt, da ein Verunfallter mit dem Hubschrauber in die Klinik geflogen wurde.

Alle Teilnehmer (mein Schnitt 38,7 km/h, und damit meine bisherige Bestleistung) wurden in der Boxengasse gesammelt. In der einstündigen Pause folgte die Entscheidung, daß die bisherigen Runden nicht gewertet werden und nach Streckenfreigabe ein Neustart über eine verkürzte Distanz (6 Runden) erfolgt. Schade, schade. Denn nun ist mein einziger Vorteil futsch, den ich als älterer Fahrer der Klasse Master3 habe: meine Ausdauer.

Während der Pause regnete es "Hunde und Katzen", so dass der Neustart auf regennasser Fahrbahn erfolgte. Kurz nach dem Neustart zog ein Unwetter an der Rennstrecke vorbei. Im Westen konnte während der Anfahrt zum Motodrom ein pechschwarzer Himmel, durchzogen von Blitzen, ausgemacht werden. Mit der Kulisse Hockenheimring sah dies sehr geil aus. 

Die sechs Runden (ca. 28 km) wurden von allen Teilnehmern wegen des immer wieder einsetzenden Regens, wegen der regennassen Fahrbahn deutlich verhaltener angegangen. Ich schaffte immerhin einen Schnitt von 37,9 km/h mit einer Endzeit von 0:43:43,9 h. Mein persönlicher dokumentierter Rekord. Durch die kurze Distanz, welche letztlich zweimal gefahren wurde, war das Rennen eher ein längeres Zeitfahren. Nur beim ersten Mal wußte ich nichts darüber. Ich hätte gerne meine Ausdauer und mein Stehvermögen bei einer längeren, dennoch ohnehin eigentlich kurzen Distanz von 60 km) ) in die Waagschale geworfen.

Resumee: die vielen Stürze haben gezeigt, wie gefährlich der Radsport ist. Die Länge des Kurses ist zu kurz für alle Teilnehmer beider Rennen, ein getrenntes Rennen wäre deutlich besser.


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